Alle betrifft es, aber nur wenige kennen sich richtig gut aus. Die Rede ist vom Arbeitsrecht. Hartnäckig halten sich diverse Mythen und Irrtümer im Arbeitsrecht und diese kursieren beständig. Wir räumen mit gefährlichem Halbwissen auf und sagen Ihnen, was wirklich stimmt und was falsch ist.
1. Erst drei Abmahnungen berechtigen zur Kündigung
Mathematische Formeln für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gibt es nicht. In den meisten Fällen reicht eine Abmahnung, damit der Arbeitgeber bei einem nochmaligen arbeitsvertraglichen Fehlverhalten kündigen kann. Entscheidend ist die Schwere des Vertragsverstoßes.
Drei Abmahnungen wegen unterschiedlicher Vergehen sind dagegen nicht zwangsläufig ein Kündigungsgrund.
Lust bekommen auf mehr Mythen zum Thema Abmahnungen? Lesen hier!
Sie sind abgemahnt worden? Schildern Sie uns Ihren Fall über unser Online-Formular. Wir beraten schnell und unkompliziert.
2. Kein Arbeitsverhältnis ohne schriftlichen Arbeitsvertrag
Gekündigt werden kann zwar nur schriftlich, Arbeitsverträge können jedoch nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) grundsätzlich formfrei, d.h. auch mündlich, abgeschlossen werden. Das Nachweisgesetz sieht zwar eine Verpflichtung zur schriftlichen Dokumentation des Vertrages vor, diese ist jedoch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für den Arbeitsvertrag. Bei befristeten Arbeitsverträgen ist allerdings die Schriftform erforderlich, um das Arbeitsverhältnis als lediglich befristet begründen zu können. Wird hier die Schriftform nicht eingehalten, besteht ein zeitlich unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Bei allen Fragen zu Ihrem Arbeitsvertrag stehen wir Ihnen bei! Nutzen Sie unsere kostenfreie Erstberatung!
3. Der Chef kann mir auch mündlich kündigen
Eine Kündigung bedarf immer der Schriftform. Eine mündlich ausgesprochene Kündigung hat keine rechtlichen Konsequenzen. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 623 ausgeführt. Eine Kündigung per E-Mail oder Fax ist ebenfalls eindeutig ausgeschlossen.
Ihr Chef hat Ihnen mündlich eine Kündigung ausgesprochen und Sie wissen jetzt nicht, wie Sie mit der Situation umgehen sollen? Nutzen Sie unser Online-Formular und lassen Sie sich von uns beraten.
4. Bei Straßenglätte, Stau oder Streik im Nahverkehr darf ich daheim bleiben
Auch hierbei handelt es sich um einen Mythos. Wer wegen Naturereignissen wie Schnee, Glatteis, Hochwasser, Vulkanasche oder auch allgemeinen Verkehrsstörungen bei der Arbeit zu spät kommt oder ganz fehlt, riskiert eine anteilige Kürzung seines Gehalts.
Eine Abmahnung oder gar Kündigung droht aber regelmäßig nicht, wenn kein eigenes Verschulden vorliegt. Grundsätzlich gilt: Während der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt, liegt das sogenannte Wegerisiko beim Arbeitnehmer.
5. Alle Überstunden können pauschal mit dem Festgehalt abgegolten sein
Die häufig in Arbeitsverträgen zu findende Klausel, dass "alle Überstunden mit Zahlung des monatlichen Bruttogehaltes abgegolten" seien, ist unzulässig. Sie ist nicht klar und verständlich uns verstößt somit gegen § 307 I S.2 BGB. Nach der Rechtsprechung entsteht die Unklarheit für den Arbeitnehmer daraus, dass er nicht erkennen kann, wie viele unbezahlte Überstunden er in Zukunft zu leisten hat. Anderes gilt für Klauseln die den Umfang der abgegoltenen Stunden erkennen lassen. Zum Beispiel wäre eine Klausel wirksam wonach Überstunden, soweit sie einen Umfang von vier Stunden pro Woche nicht überschreiten, mit dem Grundgehalt abgegolten sind.
Ihr Arbeitgeber will Ihnen geleistete Überstunden nicht bezahlen, obwohl es Ihnen zustünde? Wehren Sie sich! Wir stehen Ihnen bei und setzen Ihre Ansprüche für Sie durch und beraten Sie im ersten Schritt immer kostenfrei. Nutzen Sie unser Online-Formular und lassen Sie sich von uns beraten.
6. Ich bin nicht versichert, wenn ich trotz Krankschreibung arbeite
Es ist ein klassischer Mythos, dass Ihr Arzt sie erst „gesundschreiben“ muss, bevor sie arbeiten können. Weder Ihre gesetzliche Unfallversicherung, noch die gesetzliche Krankenversicherung werden eingeschränkt. Sie sind krankgeschrieben, haben aber kein Arbeitsverbot erhalten.
Allerdings sollte die Wiederaufnahme Ihrer Tätigkeit Ihre Gesundheit nicht schädigen, Ihre Genesung nicht verzögern oder gar behindern. Und Sie sollten selbstverständlich so gesund sein, dass Sie Ihre Kollegen mit möglichen Viren oder Krankheitserregern nicht mehr anstecken können.
Fragen rund um das Thema Krankschreibung und die arbeitsrechtlichen Konsequenzen beantwortet unser Anwaltsteam schnell und unkompliziert.
7. Eine Versetzung muss ich nicht akzeptieren
Im Irrtum befinden sich auch Beschäftigte, die glauben, bei einer Versetzung hätten sie grundsätzlich ein Wörtchen mitzureden. Zwar darf der Arbeitgeber sein Personal nicht willkürlich versetzen. Vor der örtlichen Versetzung schützen kann den Mitarbeiter allerdings nur eine Klausel im Arbeitsvertrag, die einen bestimmten Arbeitsort festlegt. Dann darf der Arbeitgeber den Angestellten nicht gegen dessen Willen versetzen. Um eine Versetzung durchzusetzen, bleibt dem Arbeitgeber dann nichts anderes mehr übrig, als eine Änderungskündigung auszusprechen. Viele Arbeitsverträge enthalten jedoch eine Klausel, die eine Versetzung an eine andere zumutbare, gleichwertige Arbeitsstelle oder einen anderen Einsatzort erlaubt. Weigert sich der Mitarbeiter in dem Fall, die Versetzung zu akzeptieren, muss er mit der fristlosen Kündigung rechnen – selbst bei langer Betriebszugehörigkeit.
Sie brauchen Hilfe, um eine Versetzung an einen anderen Ort zu verhindern? Nutzen Sie unsere kostenfreie Erstberatung.
8. Wenn ich krank bin, darf mir der Arbeitgeber nicht kündigen
Diese Vorstellung ist falsch. Der Arbeitgeber darf nämlich jederzeit kündigen, wenn kein gesetzliches Kündigungsverbot, wie etwa bei Betriebsratsmitgliedern, besteht.
Davon zu trennen ist jedoch der Fall, dass ein Arbeitgeber aufgrund einer Krankheit kündigt.
Dies ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen möglich. Hierbei kommt es neben der Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, insbesondere auf die Anzahl und Dauer der Erkrankungen sowie die betrieblichen Verhältnisse an.
Sie haben Zweifel, dass Ihre Kündigung rechtlich in Ordnung war? Nutzen Sie unser Online-Formular. Wir helfen immer erst einmal kostenfrei.
9. In der Probezeit kann mir von einem Tag auf den anderen gekündigt werden
Auch in der Probezeit gibt es eine Kündigungsfrist. Gesetzlich ist geregelt, dass innerhalb der Probezeit das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Sollte im Arbeitsvertrag eine andere Kündigungsfrist in der Probezeit vereinbart worden sein, so gilt diese Frist. Ist für Sie ein Tarifvertrag bindend, so gelten die Kündigungsfristen aus dem Tarifvertrag.
Bei Fragen zur Kündigung: Immer den Anwalt fragen! Nutzen Sie unser Online-Formular. Wir helfen immer erst einmal kostenfrei.
10. Ein "Minijob" ist kein richtiges Arbeitsverhältnis
Ein Minijob ist ein richtiges Arbeitsverhältnis. Die Besonderheit des Minijobs allerdings ist, dass der Arbeitnehmer keine Sozialabgaben und Lohnsteuer zahlt. Ansonsten gelten für Sie und den Arbeitgeber die gleichen Rechte und Pflichten eines Arbeitsverhältnisses.
11. Fragen nach Schwangerschaft, Behinderung oder Vorstrafen im Vorstellungsgespräch sind erlaubt
Bei einem Vorstellungsgespräch gibt es klare Regeln, was der Bewerber nicht gefragt werden darf. So darf die Bewerberin zum Beispiel nicht nach einer Schwangerschaft oder ihrem Kinderwunsch gefragt werden. Sollte die Frage doch fallen, darf hier gelogen werden.
Auch die Frage nach einer Vorstrafe ist in der Regel unzulässig. Sie dürfen hier lügen, wenn die Vorstrafe aus dem Bundeszentralregister getilgt ist und die Tat für die angesteuerte Tätigkeit keine Rolle spielt.
Ebenso müssen Sie die Frage nach einer Behinderung nicht wahrheitsgetreu beantworten, wenn ihre Behinderung für die Ausübung der Tätigkeit keine Rolle spielt.
Das Fazit hier ist also: Es gibt keinen abgesegneten Fragenkatalog, aber es gibt unzulässige Fragen. Auf unzulässige Fragen müssen Sie nicht wahrheitsgemäß antworten.
Sie wissen nicht genau, wie Sie im Bewerbungsgespräch mit Fragen zu Ihrer Vergangenheit umgehen sollen? Unsere auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte helfen Ihnen. Nutzen Sie unser Online-Formular. Wir helfen immer erst einmal kostenfrei.
12. Von Vollzeit auf Teilzeit wechseln – das geht immer
Das Verringern der Arbeitszeit geht oft, aber nicht immer. Mitarbeiter, die mindestens sechs Monate im Betrieb arbeiten, haben das Recht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Voraussetzung ist, dass der Betrieb mindestens 15 Angestellte hat. Den Wunsch des Arbeitnehmers abzulehnen, wird für den Arbeitgeber schwierig. Eine Ausnahme stellt es dar, wenn ein betrieblicher Grund vorliegt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn im Betrieb in Schichten gearbeitet wird und die Organisation der verringerten Arbeitszeit nicht möglich ist.
Es steht Ihnen frei, um wie viele Stunden Sie die Arbeit verringern wollen. Haben Sie einmal Ihre Stunden reduziert und wollen die Arbeitszeit noch einmal herunterfahren, so müssen Sie allerdings zwei Jahre warten, bevor Sie dies noch einmal tun können.
Sie müssen den Antrag auf Arbeitszeitverkürzung drei Monate vor Beginn der geplanten Arbeitszeitveränderung stellen. Aus Ihrem Antrag müssen der geplante Veränderungstermin und die geplante Stundenreduktion klar hervorgehen. Zudem sollten Sie einen Vorschlag machen, wie Sie sich die künftige Verteilung Ihrer reduzierten Arbeitszeit vorstellen.
Besondere Bedingungen gelten außerdem für Eltern, die aus der Elternzeit wieder zurück in den Betrieb kommen.
Wir beraten Sie gern zu allen Aspekten der Teilzeittätigkeit und zeigen Ihnen Vor- und Nachteile einer solchen Entscheidung in Ihrer Situation. Nutzen Sie unser Online-Formular und erzählen Sie uns von Ihrer Lage.
13. Ungenutzte Urlaubstage kann man ins nächste Jahr mitnehmen.
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht in § 7 vor, dass der Urlaub in dem Jahr genommen wird, in dem er auch gewährt wird.
Ausnahmsweise kann der Arbeitnehmer auch Tage ins neue Jahr mitnehmen, wenn „dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“.
Der Arbeitnehmer muss in Ermanglung einer anderweitigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber die Urlaubstage des vergangenen Jahres bis zum 31. März des laufenden Jahres genommen haben. Alle bis dahin nicht genommenen Urlaubstage verfallen am 1. April.