Pflichtteilsanspruch abwehren: Tipps & Strategien
- Der Pflichtteil beschreibt eine garantierte Mindestbeteiligung am Nachlass.
- Der Pflichtteil lässt sich nur unter strengen Voraussetzungen ganz entziehen.
- Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, den Pflichtteil zu reduzieren.
Was ist unter dem Pflichtteil zu verstehen?
Unter einem Pflichtteil ist eine garantierte Mindestbeteiligung an einem Nachlass zu verstehen. Einen grundsätzlichen Anspruch auf den Pflichtteil haben hierbei lediglich die gesetzlichen Erben. Mitunter Kinder und Enkelkinder des Erblassers. Der Pflichtteil wird in der Regel jedoch erst dann relevant, wenn diese Personen durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.
Der Erblasser hat nämlich das Recht, zu Lebzeiten über sein Vermögen zu verfügen, ohne dass er seine nächsten Verwandten berücksichtigen muss. Trotzdem schützt das Gesetz die gesetzlichen Erben, indem ihnen zumindest eine Mindestbeteiligung am Nachlass garantiert wird.
Welche Erben sind pflichtteilsberechtigt?
Nach dem Erbrecht haben grundsätzlich Ehepartner, Kinder und Enkel Anspruch auf einen Pflichtteil. Allerdings ist hier vom Gesetz eine bestimmte Rangfolge vorgesehen:
- Ehepartner haben eine Sonderstellung und sind normalerweise immer pflichtteilsberechtigt. Sollte die Ehe jedoch gescheitert sein oder geschieden worden sein, haben sie keinen Anspruch mehr.
- Kinder haben in der Regel immer Anspruch auf einen Pflichtteil – egal ob sie ehelich, nichtehelich oder adoptiert sind.
- Enkel sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn keine Kinder des Erblassers mehr am Leben sind oder ihnen die Ansprüche aus besonderen Gründen entzogen wurden.
- Wenn der Verstorbene weder Kinder noch einen Ehepartner hinterlässt, sind die Eltern Anspruchsberechtigte auf den Pflichtteil. Anderenfalls gehen sie leer aus.
Stiefkinder haben hingegen keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.
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Es ist in den meisten Fällen schwierig, den Pflichtteilsanspruch vollständig abzuwehren. Allerdings gibt es Mittel und Wege, ihn zu minimieren. Unser Erbrechts-Experte Rechtsanwalt Oliver Brandt kennt alle Möglichkeiten, um den Pflichtteilsanspruch so gering wie möglich zu halten. Lassen Sie sich vorab in einer kostenlosen Ersteinschätzung beraten.
Kann man die gesetzlichen Erben vom Pflichtteil ausschließen?
Der Erblasser hat im Grunde zwei Möglichkeiten, wenn er noch zu Lebzeiten einen Pflichtteilsanspruch abwehren will:
- den Pflichtteilsverzicht
- und den Pflichtteilsentzug
Ersterer macht das Einverständnis des Pflichtteilsberechtigten nötig. Die zweite Möglichkeit ist ohne das Mitwirken des gesetzlichen Erben realisierbar.
Pflichtteilsverzicht
Um einen Pflichtteilsanspruch durch einen Pflichtteilsverzicht abzuwehren, braucht es einen Vertrag zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigten. Darin regeln beide Parteien den Verzicht auf den Pflichtteil. Da das Mitwirken des Pflichtteilsberechtigten Grundvoraussetzung ist, setzt der Pflichtteilsverzicht ein hohes Maß an Kommunikations- und Kompromissbereitschaft voraus. Damit ein Pflichtteilsverzichtsvertrag rechtskräftig wird, muss er notariell beurkundet werden.
Pflichtteilsentzug
Eine zweite Möglichkeit ist der Pflichtteilsentzug. Der Erblasser hat hier die Möglichkeit, einen Pflichtteilsanspruch abzuwehren, wenn hierfür schwerwiegende Gründe vorliegen. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch sehr eng (§ 2333 Bürgerliches Gesetzbuch). Gründe für einen Pflichtteilsentzug sind beispielsweise:
- Der Erbe trachtet nach dem Leben des Erblassers, dessen nahen Angehörigen oder anderen nahestehenden Personen.
- Wenn ein Kind ein Verbrechen oder ein sehr schweres und vorsätzliches Vergehen gegenüber einer dieser Personen verübt hat.
- Falls ein Kind aufgrund einer vorsätzlichen Straftat zu einer mindestens 1-jährigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde.
- Wenn ein Kind aufgrund einer vergleichbaren Straftat in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entzugsanstalt rechtskräftig untergebracht wurde.
Wenn ein Erblasser aus einem der genannten Gründe den vollständigen Entzug des Pflichtteils seines Kindes beabsichtigt, muss er dies in seinem Testament eindeutig festlegen und die zugrunde liegenden Umstände detailliert darlegen. Dabei kann ein vollständiger Pflichtteilsentzug jedoch immer mit rechtlicher Unsicherheit einhergehen. Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung in dieser Angelegenheit kommen, wird das Gericht den Fall einzeln prüfen und die Entscheidung treffen.
Gibt es auch die Möglichkeit, den Pflichtteil zu schmälern?
Tatsächlich ist es nur in absoluten Ausnahmefällen möglich, den Pflichtteil komplett zu entziehen. Demnach bleiben dem Erblasser nur ein paar Möglichkeiten, um den Pflichtteil durch weitere Maßnahmen zu reduzieren. Im Regelfall gelingt das durch Schenkungen zu Lebzeiten. Aber auch eine Adoption kann den Pflichtteil minimieren.
Schenkungen zu Lebzeiten
Eine wirksame Möglichkeit, um den Pflichtteil zu reduzieren, sind Schenkungen zu Lebzeiten. Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat, werden auf das Erbe und auf die Pflichtteile der Pflichtteilsberechtigten angerechnet. Hierzu gibt es aber einige Ausnahmen, Voraussetzungen und Fallstricke, die ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht im Einzelfall erläutern muss.
Adoption
Um den Pflichtteil der eigenen Kinder zu reduzieren, kann ein Erblasser beispielsweise auch Kinder des/der Partner:in oder Kinder aus früheren Beziehungen adoptieren. Adoptivkinder und leibliche Kinder sind nämlich rechtlich gleichgestellt. Dadurch teilt sich die Pflichtteilsquote auf und der jeweilige Pflichtteilsanspruch minimiert sich dadurch.
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Weitere Möglichkeiten je nach Einzelfall
Darüber hinaus bieten sich in Einzelfällen auch andere Möglichkeiten an, um den Pflichtteil zu schmälern. Ein Anwalt im Erbrecht kennt hier die Voraussetzungen und Rechtskonstellationen, die je nach Fall ausgearbeitet werden müssen. Die Höhe des Pflichtteils hängt unter anderem auch damit zusammen, ob Ehepartner:innen in Gütertrennung leben oder in einer Gütergemeinschaft. Auch die Möglichkeit, sein Vermögen ins Ausland zu verlagern, um eine Minderung des Pflichtteils zu erreichen, kann gegeben sein.
Beitrag geprüft von
Rechtsanwalt Philipp Caba**
Philipp Caba ist ein erfahrener Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Zivil-, Bank- und Versicherungsrecht. Er studierte in Deutschland und Schweden und ist Geschäftsführer der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
* Angestellte Anwälte, ** Geschäftsführer, *** Freischaffende Rechtsanwälte