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Arbeitszeugnis Formulierungen: Was sie wirklich aussagen

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Beitrag geprüft vonRechtsanwalt Philipp Caba**
26.01.2023 | 3 Min. Lesezeit
  • Viele Arbeitnehmer wissen, dass die Formulierung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ in einem Arbeitszeugnis mit der Schulnote „1“ gleichzusetzen ist.
  • Wie sieht es aber mit anderen Formulierungen zum Sozialverhalten oder der Schluss- und Grußformel aus?
  • Hier kann der Arbeitgeber freier formulieren. Kennen Sie sich aus?
  • Lesen Sie bei uns nach, was die Formulierungen in Arbeitszeugnissen tatsächlich bedeuten.

Was Sie bei Formulierungen im Arbeitszeugnis wissen sollten

Nicht alles, was im Arbeitszeugnis gut klingt, ist auch gut gemeint. "Wohlwollend" muss ein Zeugnis in Deutschland formuliert sein. Das ist der Grund weshalb Personaler ihre wahre Meinung über den Angestellten gerne verklausulieren und ihre Botschaften in einer Art Code unterbringen. Diese Formulierungscodes zu entschlüsseln, ist für den Laien sehr schwer. Oftmals wird über eine vermeintlich gut klingende Formulierung hinweggesehen, obwohl sie gar nicht so gut ist. Genau darin liegt die Gefahr, ein gar nicht so gutes Zeugnis als hervorragend zu interpretieren und sich damit zu bewerben. Doch oftmals wird der Missstand erst klar, wenn die Einladungen zu Bewerbungsgesprächen ausbleiben.

Gerade in der Schlussformulierung, in der es nicht mehr konkret um die Beurteilung eines Arbeitnehmers geht, kann der Arbeitgeber sehr viel ungehinderter beschreiben als in der Beurteilung. Möglich macht es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2012. Das Gericht hatte geurteilt, dass die Abschiedsformel eine „persönliche Empfindung des Arbeitgebers“ darstellt und nicht notwendigerweise zu einem Arbeitszeugnis gehört. Deshalb ist dieser Teil des Zeugnisses nicht einklagbar (9 AZR 227/11).

Arbeitszeugnis Formulierungen: Warum das Arbeitszeugnis noch immer so wichtig ist

Man kann nicht oft genug betonen, dass Arbeitszeugnisse gerade in Deutschland noch immer ein wichtiges Dokument bei der Bewerbung sind. Fehlende Zeugnisse oder durchgängig nicht schlüssige Formulierungen werfen Fragen auf. Auch kann eine unpassende Phrase in einem Zeugnis einen Schatten auf das ansonsten gute Zeugnis werfen und im Zweifel eine Bewerbung unattraktiv für den neuen Arbeitgeber machen. Die Folge: Keine Einladung zum Bewerbungsgespräch, nur wegen einer misslichen Formulierung im Arbeitszeugnis.

Arbeitszeugnis Formulierungen: Codes einmal aufgedeckt

Immer wieder werden wir gefragt, ob es einen "Geheimcode" für Formulierungen in Arbeitszeugnissen gibt. Wir antworten dann mit einem "Jein". Vieles kann man im Internet finden, daher ist es auch nicht mehr geheim. Aber wir bemerken immer wieder, dass viele Arbeitnehmer Hinweise in Ihren Zeugnissen überlesen.

Lesen Sie hier ein paar Beispiele, mit denen Personalabteilungen versuchen, Botschaften verklausuliert mitzuteilen:

Der Code

Was dahinter steckt

Sie machte sich mit großem Fleiß und Interesse an die ihr übertragenen Aufgaben.

Zwar zeigte sie Fleiß und Interesse, Erfolg hatte sie aber nicht.

Er zeigte stets Verständnis für seine Arbeit.

Verständnis hatte er schon, jedoch war seine Arbeitsleistung nicht gut.

Sie erledigte die ihr zugeteilten Aufgaben zu unserer Zufriedenheit.

Die Arbeitnehmerin tat nur was man ihr auftrug und zeigte keine Eigeninitiative. Ihre Arbeitsleistung war, wenn überhaupt, nur ausreichend.

Sie übertrug ihre Aufgaben stets erfolgreich an Kollegen.

Sie beschränkte sich auf das Delegieren und arbeitete kaum.

Seinen Mitarbeitern gegenüber war er stets verständnisvoll.

Es mangelte ihm an Durchsetzungsvermögen und Autorität.

Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich.

Es gab Schwierigkeiten mit ihr und ihren Vorgesetzten. (Die Vorgesetzten werden erst nach den Kollegen erwähnt.)

Er hat alle Aufgaben in seinem und im Interesse des Unternehmens erledigt.

Er hat sich auf Kosten des Unternehmens bereichert

Er war tüchtig und in der Lage, seine Meinung zu vertreten.

Er war nicht kritikfähig.

Sie zeigte eine erfrischende Art im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten.

Sie ist vorlaut und hat keine Manieren.

Seine Geselligkeit trug zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.

Während der Arbeit war er dem Alkohol nicht abgeneigt.

Sie zeigte ein gutes Einfühlungsvermögen in die Belange der übrigen Mitarbeiter.

Sie flirtete viel. Die Arbeit war nachrangig.

Er zeigte stets Engagement für Arbeitnehmerinteressen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Firma.

Er war gewerkschaftlich aktiv und/oder hat an Streiks teilgenommen.

Er verfügt über ein gesundes Selbstvertrauen.

Er hatte zwar keine Ahnung, war aber sehr arrogant.

Er war stets ein gutes Beispiel für Pünktlichkeit und Fleiß.

Dem Arbeitnehmer fehlte die Fachkompetenz.

Seinem Vermögen entsprechenden Aufgaben…

Er war keine große Hilfe und nur mit anspruchslosen Aufgaben betraut.

Sein Betragen gegenüber den Vorgesetzten und Kollegen war unbelastet.

Er war ein unbeliebter Mitarbeiter/Kollege.

Unsere Kunden wussten sie immer sehr zu schätzen.

Sie besaß kein Verkaufsgeschick.

Wir wünschen ihm alles Gute und Gesundheit.

Er hat oft krankheitsbedingt gefehlt.

Für die Zukunft wünschen wir ihm alles Gute, besonders Erfolg.

Erfolg hatte er bislang noch keinen.

Das sollten Sie tun, wenn Sie Zweifel an Formulierungen haben

Ihnen kommen einige dieser Formulierungen bekannt vor? Oder Sie haben andere Formulierungen in Ihrem Arbeitszeugnis, die Ihnen nicht rechtens erscheinen? Dann sollten Sie schnell handeln und gegebenenfalls einen Rechtsbeistand zu Rate ziehen.

Beitrag geprüft von

Rechtsanwalt Philipp Caba**

Rechtsanwalt Philipp Caba**

Philipp Caba ist ein erfahrener Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Zivil-, Bank- und Versicherungsrecht. Er studierte in Deutschland und Schweden und ist Geschäftsführer der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

* Angestellte Anwälte, ** Geschäftsführer, *** Freischaffende Rechtsanwälte